Die Drogerie Dornig in 125 Jahren

Am 23. Dezember 1892 stellte die Stadt Grimma Wilhelm Heinrich Georg Dornig den Gewerbeschein für das von ihm gekaufte Materialwarengeschäft von Jacob Friedrich Bosch aus. Somit konnte die Drogerie Georg Dornig, als eine der letzten Drogerien in Sachsen, im Jahr 2017 ihr 125-jähriges Jubiläum feiern.

Die Vorfahren des Gründers stammten aus Südfrankreich, von wo sie als Protestanten im 16. Jahrhundert zunächst nach Flandern auswanderten. Hier ließen sie sich in der Stadt Tornay, deren flämischer Name Dornick ist, nieder. Als es für die Hugenotten auch hier keine Zukunft mehr gab, musste die Familie abermals das Land verlassen und fand in Schönbach bei Cunewalde in der Lausitz eine neue Heimat. Auf diese Weise erhielten sie nach der Stadt, aus der sie kamen, ihren neuen Familiennamen, der im Laufe der Zeit auch in der Schreibweise dem sächsischen angepasst wurde. Der Vater von Wilhelm Heinrich Georg Dornig war als Eisenbahnbeamter nach Dresden gezogen, wo Georg am 20. Januar 1867 das Licht der Welt erblickte. Als sein Vater 1891, anlässlich der Einweihung des Neubaus der Fürstenschule durch den sächsischen König, als Schaffner im kgl. Hofzug nach Grimma kam, erkannte er neben der Schönheit der Umgebung auch das wirtschaftliche Potential, welches sich hier für eine Drogerie bot. Die Stadt hatte eine Garnison, war ein großer Schulstandort, Amtssitz und hatte eine landwirtschaftlich geprägte Umgebung. Alles Faktoren, die einem Drogisten ein Auskommen sicherten. Daher empfahl er seinem Sohn, welcher in Dresden zwischen 1881 und 1885 Drogist gelernt hatte, sich hier niederzulassen. W. H. Georg Dornig lieh sich daraufhin bei seiner Verwandtschaft Geld, um das Kolonial- und Materialwarengeschäft von Jacob Bosch in Grimma kaufen zu können.
Am 1. Januar 1893 eröffnete er das Geschäft in der damaligen Hennigstraße. Im selben Jahr heiratete er Anne Luise Trebesius aus Halle. Dieser Ehe entstammten fünf Söhne und zwei Töchter, von denen der zweitälteste, Georg Martin Fritz, ebenfalls den Drogistenberuf erlernte. Am 20. September des Jahres verlagerte W. H. Georg Dornig das Geschäft in die Brückenstraße 23.
Im Dezember 1897 konnte er das Haus Brückenstraße 33 mit der alteingesessenen Kolonialwarenhandlung E. Karich erwerben, welches nun seit fast 120 Jahren den Stammsitz der Firma bildet. Auch im gesellschaftlichen Leben ist der Gründer fest verankert. Im Dezember 1904 wurde er zum Stadtverordneten gewählt und er war Mitglied in mehreren Vereinen.

Als der Gründer W. H. Georg Dornig am 26. Juni 1921 im Alter von 54 Jahren verstirbt, übernimmt sein Sohn als Geschäftsführer für seine Mutter die Drogerie. Seine Lehrzeit von 1912 bis 1915 verbrachte er in der alteingesessenen Dresdner Drogerie C. G. Klepperbein (gegr. 1707). Zum Kriegsdienst verpflichtet, diente er in den Jahren 1917 und 1918 als Wache im Kriegsgefangenenlager Thale. Nach dem verlorenen Krieg fand er aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Lage keine Anstellung mehr in seinem letzten Gesellenbetrieb in Halle, so dass er gezwungen war, im väterlichen Geschäft zu arbeiten. Mit viel Geschick und Arbeit überstand die Drogerie die folgenden, von wirtschaftlicher Not geprägten Jahre und wurde zur Existenzgrundlage für die gesamte Familie. Erst am 23. Dezember 1935 konnte Georg die Firma von seiner Mutter erwerben. Bereits 1928 hatte er die Rheinländerin Magdalene Windhausen geheiratet. In dieser Ehe wurden Sohn Werner, Tochter Anne und Sohn Ernst Georg geboren. Seit 1935 baute er den Laden schrittweise aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg verließen erst Werner, später auch Anne Dornig die DDR in Richtung Rheinland. So wurde der verbliebene Sohn Ernst Georg darauf vorbereitet, das Geschäft zu übernehmen. Nach seiner Schulzeit erlernte er im väterlichen Geschäft den Drogistenberuf. Seine „Wanderjahre“ führten ihn 1964 nach Roßwein und Großbreitenbach in Thüringen, wo er Geschäftsführer einer HO-Drogerie wurde. Hier heiratete er Hannelore Lehmann, die 1967 mit ihm nach Grimma kam. Der Ehe entstammen Sohn Georg Rudolf und Tochter Anke, welche beide den Beruf des Vaters erlernten.

Zum 75jährigen Jubiläum der Firma, übernahm Ernst Georg Dornig am 23. Dezember 1967, das väterliche Geschäft. Um die Drogerie übernehmen zu können, musste Georg einen Kommissionsvertrag mit der HO abschließen. Um das Warenangebot zu erhöhen, schloss die Drogerie Direktverträge mit der chemischen Industrie wie dem Leuna-Werk oder dem Chemiekombinat Bitterfeld. Kurz nach der Geschäftsübernahme musste das Haus 1968/69 einer umfangreichen Schwammsanierung unterzogen werden. Um das väterliche Geschäft zu entlasten, machte sich der Sohn Georg Rudolf Anfang 1989 in der Brückenstraße 21 mit seiner „Kleinen Stadtdrogerie“ selbständig. Nach der politischen Wende im Herbst 1989, brachen auch für die Drogerie Dornig unruhige Zeiten an, welche dank der Bekanntheit und der Pfiffigkeit des Inhabers gemeistert werden konnten. Kurz vor der Währungsunion wurde der Kommissionsvertrag gekündigt, um die volle Entscheidungsfreiheit zurückzuerlangen. In den folgenden Jahren blühte das Geschäft wieder auf, bis das Jahrhunderthochwasser vom August 2002 dem Geschäft einen erneuten Dämpfer verpasste. Es dauerte rund einen Monat bis die Drogerie am 9. September wieder öffnen konnte. Am 23. Dezember 2006 übergab Georg Dornig das Geschäft an seine Tochter Anke Rüssel geb. Dornig, welche das Geschäft seitdem in 4. Generation weiter führt.

Peter Fricke, 2017