Die erste Naunhofer Gewerbeausstellung

Vor über 110 Jahren fand zwischen dem 9. und 18. Juni 1907 die erste Naunhofer Gewerbeausstellung statt. Der Naunhofer Gewerbeverein hatte die Ausstellung initiiert, um der einheimischen Bevölkerung zu beweisen, dass das hiesige Gewerbe auf der Höhe der Zeit stand und Angebote in hoher Qualität bot. Vor allem das nahe Leipzig und die immer zahlreicheren Konsumvereine entzogen den alteingesessenen Handwerkern und Händlern die Kunden. Dem wollte man u.a. mit dieser Ausstellung entgegenwirken. In den Räumen des Gasthofs „Goldener Stern“ präsentierten sich insgesamt 73 Aussteller mit 389 Stücken.
Zur Eröffnung waren verschiedene Vertreter der Regierung und des Handelsstandes erschienen. So Naunhofs Bürgermeister Willer, der Landtagsabgeordnete Dürr aus Leipzig und diverse Vorstände von benachbarten Gemeinden. Natürlich hatte man auch nicht vergessen, die Vertreter der auswärtigen Presse einzuladen, damit jene für die gewünschte Werbung sorgten. Der zur Eröffnung dienstlich verhinderte Amtshauptmann Hänichen holte seinen Besuch am folgenden Montag nach.

Der Eintritt kostete nur 30 Pfennige und so strömten schon am ersten Sonntag über 1.400 Besucher in die Ausstellungsräume. An den folgenden Tagen besuchten viele auswärtige Vereine die Ausstellung, darunter auch der Grimmaer Gewerbeverein, welcher seinerseits für das kommende Jahr eine große Ausstellung vorbereitete und sich hier weitere Anregungen dafür holte. Der mit Abstand größte Verein war die Leipziger Polytechnische Gesellschaft, die alleine mit ca. 800 Personen erschien. Um den Besuchern zusätzliche Zerstreuung zu bieten, fanden täglich ab 15 Uhr im Garten des Gasthauses Konzerte statt. Zudem bot sich auch die damals als Naherholungsgebiet gut erschlossene Umgebung zum Verweilen an, so dass viele Gäste den Besuch der Ausstellung mit einer Wanderung durch die Umgebung nutzten.

Die weitaus meisten Aussteller waren Handwerker und stammten aus Naunhof. Es waren aber auch ein paar Auswärtige wie der Fotograf Meinhardt, der Musikalienhandel Schulz, die Bildhauerei Gebr. Martini und die Jalousienfabrik von Bruno Werner, alle aus Grimma, vertreten.

Der Besuch der Ausstellung war wider Erwarten gut, allein am letzten Sonntag kamen mehr als 2.000 Gäste. Auch die Lose der Ausstellungslotterie wurden allesamt verkauft. Das gute Abschneiden sowohl in finanzieller Hinsicht als auch im Hinblick auf die Besucherzahl bestärkten den Grimmaer Gewerbeverein in dessen Bestreben, eine eigene Ausstellung abzu-halten. Schließlich hatte die Naunhofer Ausstellung bewiesen, dass solche doch eine hohe Anziehungskraft besaßen. Denn die sächsischen Behörden taten sich nach einigen, zumindest finanziell missglückten Gewerbeausstellungen schwer, neue zu genehmigen, nachdem es um die Jahrhundertwende zu einer ganzen Flut solcher Veranstaltungen gekommen war.

Peter Fricke, 2017