Das Kriegsgefangenenlager Golzern von 1914 bis 1917

19.3.2017 bis 13.8.2017

Im August 1914 stellte der Besitzer der Papierfabrik Golzern, Schröder, die Räume der ehemaligen Maschinenfabrik in Golzern für die Errichtung eines Kriegsgefangenenlagers zur Verfügung. Mit der Leitung des Lagers wurde Major von Wolffersdorf von Seiten der Zivil- und Militärbehörde beauftragt. Weiterhin traten mehrere Offiziere, Ärzte und Soldaten der Landsturmkompanie ihren Dienst an.

Innerhalb weniger Wochen wurde das Lager für ca. 2000 Kriegsgefangene eingerichtet. Am 8. Oktober trafen 838 Franzosen in Golzern ein. Am 19. Februar 1915 kamen weitere 1200 russische Gefangene dazu. Bis Anfang 1917 sollte die Zahl auf 6000 anwachsen.

Die Kriegsgefangenen wurden in Industrie und Landwirtschaft als billige Arbeitskräfte eingesetzt. Sie ersetzten hier die Männer, die zum Kriegsdienst eingezogen worden waren. Viele Gefangene arbeiteten in den umliegenden Steinbrüchen, den Kohlegruben bis in die Bornaer Region, in der Schröderschen Papierfabrik, als Gleisarbeiter bei der Eisenbahn, auf dem Wurzener Flugplatz und auf den umliegenden Rittergütern sowie bei verschiedenen Gutsbesitzern. Die Gefangenen hatten schwere körperliche Arbeit zu verrichten, wobei die Arbeitszeit zwischen 10 und 12 Stunden täglich betrug. In den meisten Kohlegruben wurde auch nachts gearbeitet. Da viele Arbeitsorte von Golzern weit entfernt lagen, kamen die meisten Gefangenen nach der Arbeit nicht ins Lager zurück, sondern schliefen in den Unterkünften der Betriebe. Nach einer gewissen Zeit tauschte man die Gefangenen untereinander aus. Das sollte Arbeitsmoral und Produktivität steigern. In den Erntemonaten lag das Schwergewicht des Einsatzes in der Landwirtschaft. In den kleinen Landwirtschaftsbetrieben, in denen nur wenige Gefangene beschäftigt wurden, gab es keine militärische Bewachung. Die Gefangenen unterstanden hier dem Arbeitgeber und erhielten von ihm die Anweisungen. Es kam zu zahlreichen, oft missglückten Fluchtversuchen, vor allem in den Braunkohlegruben in Witznitz und dem Abraumbetrieb Döring und Lehrmann. Hier war die Arbeit besonders schwer. Die Flucht erfolgte meist nachts und in kleinen Gruppen.

Im Kriegsgefangenenlager Golzern verblieben nur wenige Insassen. Nur bei Krankheit oder Arbeitsplatztausch wurden die Gefangenen zurück ins Lager gebracht. Auf der Bahrener Flur, auf der anderen Seite der Mulde, waren Krankenbaracken errichtet worden. 1914 waren vor allem Typhus und Darmkrankheiten zu behandeln, ab 1915 auch Lungenentzündung und Tuberkulose. Insgesamt starben zwischen 1914 und 1917 32 Männer an Krankheit, Unfall oder Selbstmord. Im Vergleich zu anderen Lagern ist diese Zahl relativ gering. Im Sommer 1915 erklärte sich das Kriegsministerium dazu bereit, für das Lager einen eigenen Friedhof anlegen zu lassen. Dazu erwarb man in unmittelbarer Nähe der Krankenbaracken vom Gutsbesitzer Ernst Möbius 400 qm Land für 200 Mark. Die Arbeiten am Friedhof verrichteten die Gefangenen selbst. Auf Holzkreuzen wurden die Namen, Geburtstag, Geburtsort und Todestag der Verstorbenen verzeichnet. Die Angehörigen bekamen mit der Todesnachricht auch ein Bild der Grabstätte zugesandt.

Im Februar 1917 ließ das Kriegsministerium die Gefangenenlager auf Wirtschaftlichkeit in Ausgestaltung und Verwaltung überprüfen. In Golzern kam die Inspektion zu dem Schluss, dass das Lager mit seinem geringen Bestand an Kriegsgefangenen nicht mehr wirtschaftlich weiterzuführen war und beschloss somit dessen Auflösung.

Die Arbeitgeber versuchten mit zahlreichen Schreiben an den Amtshauptmann von Bose in Grimma, die Auflösung zu verhindern. Einige wandten sich auch direkt an das Kriegsministerium in Dresden. Die wirtschaftliche Bedeutung der Kriegsgefangenen ging aus allen Schreiben hervor. Das Kriegsministerium versicherte den Arbeitgebern, dass sie alle die ihnen zugewiesenen Kriegsgefangenen behalten könnten. Die 101 Gefangenen, die nachts noch ins Lager zurückkehrten, mussten nun von den betreffenden Arbeitgebern untergebracht werden.
Ende März 1917 wurden die meisten Insassen des Lagers nach Ebersdorf bei Chemnitz umgesiedelt. Für einige Monate verblieb noch ein Aufräumungskommando in Golzern.